Maßvolle Erweiterung zugestehen
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 22. Januar 2015 17:22
Andreas Nogga aus Jülich schreibt in Anlehnung an das Interview mit den drei Bürgermeistern Heinrich Stommel (Jülich), Jürgen Frantzen (Titz) und Hermann Heuser (Niederzier) und mit Blick auf die Unternehmenserweiterung der Firma Eichhorn in Kirchberg Folgendes:
Die finanzielle Situation der Stadt Jülich ist besonders dramatisch, weil im Verlaufe des letzten Jahrzehnts die Bevölkerung der Stadt um etwa vier Prozent gesunken ist. Wenn dieser Trend nicht gestoppt wird, wird die Stadt unweigerlich in der Schuldenfalle stecken bleiben, denn ein wesentlicher Teil der Einnahmen hängt ab von Ausgleichszahlungen auf Basis der Bevölkerungszahlen.
Es muss also oberste Priorität der Politik sein, die Einwohnerzahlen mindestens stabil zu halten. Jülich liegt in einer wachsenden Region. Die Anzahl der Mitarbeiter des größten Arbeitgebers auf dem Stadtgebiet, des Forschungszentrums, hat in den letzten Jahren um 20 Prozent zugenommen. Die Situation ist also grundlegend anders, als in manchen Ruhrgebietsstädten und sollte umkehrbar sein.
Die Einrichtung des Stadtentwicklungsausschusses nach der Kommunalwahl deutet darauf hin, dass auch der Stadtrat das Problem erkannt hat. Aber es drängt sich der Eindruck auf, dass das Thema noch nicht zum Leitfaden der Entwicklungspläne der Stadt geworden ist.
Die Entwicklung der Bevölkerung entscheidet sich nicht in der Kernstadt, sondern in den zu Jülich gehörenden Dörfern. Es kann deswegen nicht im Interesse der Stadt sein, dass einzelne Dörfer abgehängt werden. Alle Dörfer müssen lebenswert bleiben und attraktiver werden, damit der wirtschaftliche Erfolg nicht zu Pendlern führt, sondern zu neuen Bürgern.
Vorausschauend
Eine Entscheidung, Industrieflächen auszuweiten, sollte auch immer unter diesem Aspekt getroffen werden. Dazu ist aber ein vorausschauender Plan notwendig. Wo möchte man in den nächsten 10 bis 20 Jahren Industrieerweiterungen haben? Wo sind dringend Investitionen notwendig, um einen Ort attraktiver zu machen? In welchen Orten gibt es historisch gewachsene Unternehmen, bei denen Erweiterungen problematisch sein könnten? Kirchberg und die Firma Eichhorn ist da zur Zeit nur das akuteste Beispiel.
Aber diese Erweiterung könnte beispielhaft sein, wie man die Zukunft von Jülich und seinen Unternehmen sichert. Dazu sollte man dem Unternehmen auf seinem Brachgelände eine maßvolle Erweiterung zugestehen. Ein Hochregallager mit 15 bis 20 m Höhe sollte die Entwicklung des Unternehmens für mindestens die nächsten zehn Jahre sichern und gleichzeitig nicht den Ort und Naturschutzgebiet zerstören. Das ist immerhin fast die doppelte Höhe der bisherigen Industriebebauung in Kirchberg. Es ist aber weit genug vom Naturschutzgebiet entfernt und erfordert keine weitere Versiegelung von Flächen. Dadurch wäre Zeit gewonnen einen Plan zu entwickeln, der Kirchberg und Jülich als Ganzes sieht.
Wie kann man den Ort aufwerten? Kann das europäische Naturschutzgebiet ein Magnet für neue Bürger werden? Ist auf lange Sicht eine Erweiterung der Firma außerhalb Kirchbergs ratsamer? Oder kann man eine Lösung ohne 40 m Hochregallager oder Industriebrücke finden, die die Interessen der Firma wahrt und gleichzeitig Jülichs Bevölkerungszahlen stabilisiert? Einige Alternativen sind hinlänglich bekannt; die Abwägung kann aber nur auf Basis einen Konzeptes für die gesamte Stadt erfolgen.
Die Entscheidung wie vorgegangen wird, trifft einzig und allein der Stadtrat. Er muss sich die Zeit nehmen, die er für solche Entscheidung braucht, und darf sich nicht unnötig unter Zeitdruck setzen lassen. Es geht immerhin um Jülichs Zukunft! Dazu ist die „kleine” Lösung jetzt der gangbarste Weg.