Erster Schritt zur Eichhorn-Erweiterung?

Donnerstag, 19. Februar 2015
Jülicher Zeitung / Lokaltitel Juelich / Seite 15

Antworten auf wichtige Fragen: Jülicher Stadtrat entscheidet heute über Einstieg ins Verfahren. Umstrittene Millionen-Investition. 

Von Volker Uerlings

Jülich. Nach vielen Monaten des Dialogs, aber auch des Meinungsstreits, soll der Jülicher Stadtrat heute Abend über den ersten Schritt der geplanten Betriebserweiterung der Carl Eichhorn KG entscheiden. Das Unternehmen will nach eigenen Angaben über Jahre 50 Millionen Euro investieren, 60 neue Arbeitsplätze schaffen und sich im Markt zukunftsfähig aufstellen. 

Nicht die Betriebserweiterung als solche, wohl aber deren Standort und die Dimension einzelner Bestandteile sind vielen Menschen im Stadtteil Kirchberg ein Dorn im Auge. Ein Hochregallager von 35 bis 40 Metern Höhe und eine Industriebrücke über die Ortseinfahrt stehen in Rede. Über 1000 Menschen haben per Unterschrift dokumentiert, dass sie sich eine veränderte Planung wünschen. In öffentlicher Sitzung ab 18 Uhr im Neuen Rathaus haben die Kommunalpolitiker und der Bürgermeister darüber zu befinden, ob die verschiedenen Verfahren angeschoben werden – oder nicht.

Denn schon über den Verfahrenseinstieg gibt es unterschiedliche Meinungen. Beantragt ist vom Unternehmen die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Daneben wäre eine Änderung des Flächennutzungsplanes notwendig. Nachfolgend versucht unsere Redaktion, wichtige Fragen im Vorfeld der Entscheidung zu beantworten – sicher nicht alle. Dazu haben wir Informationen der Eichhorn KG, der Bürgerinitiative Zukunft Kirchberg und der Stadtverwaltung Jülich ausgewertet sowie mit Sachkundigen gesprochen: dem Jülicher Beigeordneten Martin Schulz und dem Geschäftsführer des Verbandes Industrie-Wasser-Umwelt Düren, Dr. Stefan Cuypers. Er sieht den Verband als „Vermittler“. Es ist zu beachten, dass die Eichhorn KG Verbandsmitglied ist.

Bedeutet ein Bebauungsplan-Aufstellungsbeschluss, dass am Ende auf jeden Fall gebaut wird? 
Nein, das ist nicht zwingend so, wenn sich im Verfahren wichtige Gründe ergeben, die dagegen sprechen. Beispiele wären unzumutbare Belastungen von Mensch und Umwelt. Zu entscheiden hat am Ende des Verfahrens auf jeden Fall der Stadtrat, nachdem er jeden einzelnen Einwand abgewogen hat.

Wer kann Einwände vorbringen?

Jeder Bürger. Außerdem werden die so genannten „Träger öffentlicher Belange“ informiert und um Stellungnahmen gebeten. Das sind zum Beispiel anerkannte Umweltschutzorganisationen oder Behörden wie die Wasserbehörde beim Kreis Düren, wenn Gewässer betroffen sind. Im Verfahren gibt es zwei Möglichkeiten, Einwände vorzubringen, denn es gibt zwei „Offenlagen“, die öffentlich bekannt gemacht werden müssen. Dann laufen Fristen, in denen Fragen/Einwände einzureichen sind.

Wer beantwortet die Fragen und Einwände?

Die „Schaltstelle“ ist die Stadtverwaltung, die Fragen beantworten kann, wenn das aus den vorliegenden Planungsunterlagen hervorgeht. Kann sie das nicht, muss externer Sachverstand her. Es ist sicher, dass es im Bauleitverfahren verschiedene Prüfungen und Expertisen geben wird. Ein schalltechnisches Gutachten, das die mögliche Lärmbelastung berechnet, dürfte selbstverständlich sein. Auch eine Umweltprüfung ist unerlässlich, weil die geplante Firmenerweiterung an ein Naturschutzgebiet angrenzt und sich ein Flora-Fauna-Habitat (= besonders geschützter ökologischer Bereich) in der Nähe befindet.

Standort-Alternativprüfung

Sowohl Beigeordneter Martin Schulz als auch Stefan Cuypers sind sich sicher, dass eine „Alternativprüfung“ stattfindet. Hierbei wird untersucht, ob sich das nun links der Wymarstraße geplante Bauvorhaben auch auf anderen betriebseigenen Flächen realisieren ließe. Das ist eine Hauptforderung der Bürgerinitiative, während das Unternehmen nicht genug Platz sieht. In Frage käme theoretisch der Bereich der alten Papierfabrik, die derzeit abgerissen wird. Bei einem Logistikzentrum stellt sich auch die Frage nach der weiteren Belastung durch Schwerlastverkehr in Kirchberg.

Wer bezahlt die Gutachten und externen Experten?

Die Eichhorn KG hat sich zur Kostenübernahme bereit erklärt.

Wer sucht die Gutachter und Experten aus?

Beigeordneter Martin Schulz geht davon aus, dass dies die Stadtverwaltung mit dem Unternehmen macht.

Was passiert, wenn der Rat heute den Aufstellungsbeschluss ablehnt?

Dann darf – links und rechts der Straße – nur auf den vorgesehenen Bau- und Gewerbeflächen in ortsüblicher Weise und in Anlehnung an vorhandene Gebäude gebaut werden (zum Beispiel in Höhe der heutigen Wellpappenproduktion). Sonderfall: Für den Bereich der alten Papierfabrik wurde 2010 ein Bebauungsplanverfahren gestartet, das allerdings bis heute keine Rechtskraft erlangt hat. Ob der Stadtrat dies kurzfristig zum Ende führen kann oder nicht, ist ebenfalls strittig. Es gibt Juristen, die das bejahen. Die BI hat einen Verwaltungsrechtler eingeschaltet: Prof. Klaus Oehmen. Er sagt, dass „die Inkraftsetzung des alten Bebauungsplanes ohne Aktualisierung aller Gutachten und sonstigen Erkenntnisse heute abwägungsfehlerhaft wäre“.

Hat es Annäherungen zwischen Unternehmen und BI gegeben?

Zum Teil. Noch außerhalb des Verfahrens hat die Eichhorn KG sowohl den versprochenen Abriss der alten Papierfabrik gestartet als auch die Dimensionen der umstrittenen Gebäude verändert: Hochregallager 35 statt 40 Meter Höhe; Industriebrücke höhenreduziert. Die Initiative sagt, dass das für sie kein Kompromiss sei.

Könnte nach dem Verfahren und einem späteren Ratsbeschluss gegen den Bebauungsplan geklagt werden?

Ja – mit Aussicht auf Erfolg bei bestimmten Verfahrensfehlern.

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